1843

Johannes Rösle, ein Kaufmann, Lehrer und Privatier, gründet die Augsburger Liedertafel „zur Pflege des vierstimmigen Männergesangs und zu freundschaftlicher Geselligkeit”.

In Augsburg gibt es zu diesem Zeitpunkt keine vergleichbare Kulturinstitution. Die Mitglieder der Liedertafel kommen vor allem aus der Mittelschicht: Lehrer, Verwaltungsbeamte, Handwerker, Instrumentenbauer, Studenten und Geschäftsleute.

Schon nach vier Monaten wandern die Mitglieder der Liedertafel zum Ausflugsort Siebentisch - begleitet von etwa 4000 Personen aus allen Kreisen der Bevölkerung. Man erfreut sich im Wald des Gesanges.

1845

Sieg der Liedertafel bei einem Sängerwettbewerb in Würzburg.

1858

Rösle schließt einen Damengesangsverein an die Liedertafel an.

1858

Der als Dirigent und Komponist angesehene Dr. Hans Michael Schletterer kommt nach Augsburg, um als Kapellmeister an den protestantischen Kirchen zu wirken.

1862

Rösle gründet den Schwäbisch-Bayerischen Sängerbund. Daraus entsteht wenig später der "Deutsche Sängerbund".

Johannes Rösle hatte gute Beziehungen zu Felix Mendelssohn Bartholdy. Originalbriefe des Künstlers an den Chor liegen heute im Stadtarchiv Augsburg. Mendelssohn überließ dem Chor sein neuestes, handgeschriebenes Werk und gab in einem zweiten Brief noch Regieanweisungen.

Auch mit Ernst Moritz Arndt war Rösle befreundet. Seine national-deutschen Gedichte, in Liedform vorgetragen, trafen den Zeitgeist.

1865

Gründung des "Städtischen Sinfonieorchesters" auf Betreiben von Mitgliedern der Liedertafel. Das Orchester trägt heute den Namen "Augsburger Philharmoniker".

1866

Schletterer gründet den Augsburger Oratorienverein. Die Mitglieder kommen hauptsächlich aus dem Bildungsbürgertum. Zur Eröffnung wird G. F. Händels "Messias" gegeben. Der Oratorienverein bringt in den folgenden Jahren Werke von Beethoven, Brahms, Wagner und Bruckner zur Augsburger Erstaufführung und setzt sich zum Ziel, jährlich mindestens sechs Abonnementkonzerte zu veranstalten.

Auf beide Chöre - Liedertafel und Oratorienverein - sind viele Elemente des Musiklebens der Stadt Augsburg zurückzuführen: Die Augsburger und auch die Münchener Philharmoniker, die von beiden Chören für ihre Eigenkonzerte verpflichtet wurden. Auf Betreiben von Chormitgliedern entstanden in Augsburg eine Singschule (heute SuMMA, Sing- und Musikschule Mozartstadt Augsburg) und ein Konservatorium (heute Leopold-Mozart-Zentrum der Universität Augsburg).

Die Mitglieder der Liedertafel komponierten und texteten selbst und bearbeiteten vorhandene Werke für den Chor. Im Laufe der Zeit entstanden 4 Notenbücher mit insgesamt 160 Werken, die das Repertoire des  Süddeutschen Liedgutes vereinheitlichten. Mancher Lehrer ließ sich eigens nach Augsburg versetzen, um diesem Chor beitreten zu können.

Die Konzerterlöse der Liedertafel wurden zu sozialen und kulturellen Zwecken verwendet. Im Laufe von 100 Jahren wurden umgerechnet etwa 320000 € gespendet.

1880

Nach 37 Jahren Chor- und Vereinsführung durch Johannes Rösle übernimmt Domkapellmeister Karl Kammerlander die Chorleitung.

1892

Karl Eggert übernimmt die Chorleitung der Liedertafel. Eine ehrgeizige Aufgabe liegt vor ihm: Zu einem Preissingen in Karlsruhe sind 14 namhafte Vereine aus ganz Deutschland angemeldet. Den 1. Preis in der ersten Runde teilt sich die Liedertafel Mannheim (660 Punkte) mit der Liedertafel Augsburg (658 Punkte). In der zweiten Runde gilt es, ein unbekanntes, neu komponiertes Werk nach nur einer Stunde Probezeit aufzuführen. Haushoher Sieger wird die Augsburger Liedertafel. 

1892

Prof. Wilhelm Weber wird Leiter des Oratorienvereins und bleibt es bis 1918.

 

1897

Ab 1897 bis 1903 wird Chorleiter Karl Eggert bei der Liedertafel von Albert Greiner unterstützt, der 1905 die Augsburger Singschule - die heutige SuMMA - gründet.

1910

Zwischen 19. Februar und 30. April führt die Liedertafel alle neun Sinfonien von Ludwig van Beethoven auf.

Bertolt Brechts Vater gehört zu den Mitgliedern der Liedertafel. Auch sein Sohn Bertolt besucht gelegentlich die Probenabende. Clemens Haindl, Hoffotograf Konrad Reßler (der die Fotostrecke von BB mit dem Ledermantel schießt) sowie OB Kaspar Deutschenbaur sind ebenfalls im Chor.

1912

Die amerikanische Sängerin Clara Langhorn tritt in Augsburg mit der Liedertafel auf. Erst 2018 wird bekannt, dass sie die Tochter von Mark Twain war.

1921

Otto Jochum hat fortan mehrere hochstehende Positionen in Augsburger Musikinstitutionen inne.

1925

Bis 1955 ist Arthur Piechler zunächst Lehrer im Konservatorium und übernimmt 1931 die Leitung des Oratorienvereins. Während der NS-Zeit darf er aufgrund seiner jüdischen Herkunft nicht dirigieren, die Stadt hält aber schützend die Hand über ihn.

1926

Der Oratorienverein hat seit seinem Bestehen 409 Konzerte gegeben.

1932

Liedertafel, Oratorienverein und Singschule führen gemeinsam Otto Jochums Oratorium „Der jüngste Tag“ auf.

1944

Bei Fliegerangriffen im Februar verbrennt das gesamte Archiv der Liedertafel.

1945

7.10.1945 Aufführung des Oratorium „Judas Maccabäus” von Georg Friedrich Händel durch den Oratorienverein unter der Leitung von Arthur Piechler in der Basilika St. Ulrich und Afra. Im November folgt das „Deutsche Requiem” von Brahms, sowohl im Ludwigsbau zum Gedenken der Kriegsgefallenen als auch im Schloss Dachau zum Gedenken aller KZ-Opfer.

1949

Erstes Konzert der Liedertafel nach dem Krieg: „Lieder der Romantik“.

1949

Otto Jochum ruft das Deutsche Singschullehrer- und Chorleiterseminar ins Leben.

1952

Karl Gößler, Chorleiter am Stadttheater Augsburg, übernimmt sowohl im Oratorienverein als auch in der Liedertafel das Amt des Chorleiters.

1960

1960er Jahre: Namhafte Dirigenten wie Istvan Kertesz, Paul Moser und Hans Zanotelli leiten die Chöre bei Konzerten.

1970

Zusammenlegung der „Augsburger Liedertafel“ und des „Oratorienverein Augsburg“ zum „Philharmonischen Chor Augsburg“.

1970

1970 bis 1982: Walter Weidmann leitet den Chorzusammenschluss und ist gleichzeitig Präsident des Deutschen Sängerbundes.

1982

Wolfgang Reß wird Chorleiter und hat das Amt bis zum heutigen Tag inne. Hauptberuflich leitet er bis 2018 die Sing- und Musikschule, heute SuMMA.

1987

Die deutsche Erstaufführung von Andrew Lloyd Webbers „Requiem“ bringt dem Chor erneut bundesweite Beachtung.

2017

Der Kammerchor des Philharmonischen Chors nimmt am 4. Internationalen Chorfestival in der chinesischen Stadt Jinan - der Partnerstadt Augsburgs - teil.

2018

Zum 175-jährigen Jubiläum findet im Stadtarchiv Augsburg eine Ausstellung mit dem Titel " 175 Jahre Philharmonischer Chor Augsburg und seine Vorgänger" statt. Kuratiert von Dr. Bernd Wissner werden Schätze aus dem Chorarchiv gezeigt.

 

2020-2021

Die Covid19-Pandemie zwingt dem Chor die längste Zeitspanne ohne Konzert in seiner Geschichte auf.

2022

Der Chor reist nach Frankreich in die Augsburger Partnerstadt Bourges und bringt dort gemeinsam mit Musizierenden des Conservatoire de Bourges die Carmina Burana zur Aufführung.